Im Theaterstück „Ich, Europa“ des Theaters Dortmund stellen Menschen innerhalb und außerhalb Europas ihre Sicht auf Europa in elf Episoden in eindrücklicher Weise dar. Der gemeinsame Besuch dieses Stücks hat unsere Gruppe dazu inspiriert, in eigenen Werken aus Text und Bild unsere Erlebnisse in und unsere Sicht auf Dortmund zu verarbeiten. Im Folgenden kann man sie nachlesen.
Zwei Herzen schlagen in meiner Brust
Ich Dortmund,
ich bin eine Stadt der Vielfalt. Unterschiedliche Kulturen finden in mir ein neues Zuhause. Wenn Menschen durch meine Straßen ziehen, können sie diese Vielfalt unter anderem durch die Unterschiedlichkeit von Restaurants, Kneipen und Bars erleben, die die einzelnen Kulturen repräsentieren, die ich beheimate. Die einzelnen Kulturen aufzuzählen, würde schier unendlich andauern.
Ich Dortmund, habe viele Gesichter, und jede einzelne Kultur mit ihren eigenen Vierteln, hat ihren eigenen Charme, ja eigenen Geruch und ihre ganz individuelle Dynamik, die Menschen einen eigenen Habitus.
Ich Dortmund, bin aber auch eine gespaltene Stadt, in kulturelle Vielfalt und kulturelle Homogenität auf der anderen Seite. Die Bahngleise des Hauptbahnhofs markieren die Grenze und Demarkationslinie. Ich bin getrennt in den Norden und den Süden. Menschen, die neu ankommen in Dortmund, finden häufig zunächst im nördlichen Teil von mir ein Zuhause. Im Norden bereite ich viele Menschen für das Leben in mir vor.
Ich Dortmund, war schon immer eine Stadt des Ankommens. Schon in den 60er Jahren habe ich vielen Menschen aus Süd- und Osteuropa eine neue Heimat und Arbeit geschenkt. Auch in Zukunft möchte ich dies tun, dass dies nicht immer konfliktfrei abläuft, ist mir klar. Das war es nie, aber wir sind auch damals eine Stadtbevölkerung geworden. Ich habe schon den Krieg überstanden und werde auch die Herausforderungen der Zukunft schaffen. Ich freue mich darauf..
Ich Dortmund, ich bin so interessant und auch eine so schöne Stadt, da ich jedem Menschen die Möglichkeit gebe, hier Heimat zu finden und mich zu seiner Heimat zu machen.
Ich, Nordstadt
Ich, Dortmund… merke gerade, dass ich das eigentlich gar nicht sagen kann. Ich, Nordstadt… das schon eher. Hier habe ich – selbst gewählt – Wurzeln; hier, so habe ich den Eindruck, kann ich wirklich etwas drüber sagen.
Ich, DortmundNordstadt also. Ich bin die wilde Ecke meiner Stadt. Die, wo Leute hörbar die Luft einziehen, wenn man dies als sein Zuhause nennt. „Ernsthaft? — Freiwillig?“ Die, zu der die meisten eine Meinung haben, auch wenn diese oft nur vom Hörensagen und aus Medien gespeist ist. Dann bin ich ein Problem. Der Ort, wo man lieber die Zentralverriegelung im Auto einschaltet, wenn man durchfährt. No-Go.
Ich, DortmundNordstadt, bin ein Ankunftsort. Jeder dritte Neu-Dortmunder findet hier seine erste Adresse; oft hat er zu diesem Zeitpunkt einen weiten Weg hinter sich. Ich spreche viele Sprachen – mit allen Schönheiten und Schwierigkeiten, die das in sich trägt. Ich bin der Ort wo sehr verschiedene Meinungen und Möglichkeiten aufeinandertreffen und sich auseinandersetzen (müssen). Damit bin ich oft auch ein unmöglicher Ort, einer, den man hinter sich lassen will, so schnell man es eben kann.
Für meine Kinder bin ich oft eine Zumutung, laut und dreckig, grau, bisweilen auch gefährlich, wie ich bin. Draußen spielen, Selbstständigkeit lernen, Freunde treffen, all das erfordert hier oft einen Gedanken, eine Anstrengung mehr. Dabei bin ich, DortmundNordstadt, eigentlich ein junger Ort, ein jugendlicher Ort, ein Familien-Ort.
Bin ich damit ein Zukunftsort? In jedem Fall bin ich, DortmundNordstadt, ein meinungsfreudiger Ort, einer, wo die, die sich zum Bleiben entscheiden, die Ärmel aufkrempeln, und ihr Umfeld zu einem Zuhause machen, zu einem Ort, wo man gemeinsam gerne sein kann.
Ja, wirklich! Ich, DortmundNordstadt, bin auch schön!
Und ungefähr einmal in der Woche kann ich vielleicht doch auch sagen: ich, Dortmund. Immer wieder samstags…
Kein Ort, sondern ein Gefühl
Es war etwas schwer für mich „Ich, Dortmund“ zu schreiben. Was bedeutet Dortmund für mich? Ist es für mich der BVB, der Phoenixsee oder die Nordstadt wo ich wohne, das Stadtzentrum, der Westfalenpark oder das Dortmunder U? Eigentlich ist das alles für mich Dortmund. Deshalb kann ich Euch sagen dass Dortmund für mich nicht Orte oder Gebäude sind, sondern ein Gefühl, Liebe, Freundschaft, ein Treffen jeden Donnerstag mit meinen Freunden. Und was ich nie vergessen kann: dass ich dort die deutsche Sprache gelernt habe.
The West in the Eyes of the East
The Wind of Change
Spielplatz neben der Rheinoldikirche
Sonnenuntergang hinter dem Kaufland
Fröhliches Grün
Blick aus dem U
Horrorgebäude
Dortmund ist viel
Dortmund ist für mich Fußballspielen, Deutsch lernen, Ferien, Sprachcafé, Phönixsee, Spazieren gehen, nette Menschen, lächelnde Gesichter, in Frieden miteinander leben, viele Sprachen, viele Kulturen, Arbeit, Hilfe, politische Meinungen und über Politik reden, Ehrlich, Direktheit und Fotos fotografieren.
Ich bin nicht so leicht zu lieben
Ich, Dortmund, bin nicht so leicht zu lieben. Ich weiss, ich bin oft etwas schwierig und zeige mich nicht immer und jedem von meiner besten Seite. Ich bin ein bisschen rauh. Ich biete ein Zuhause für alle möglichen Probleme: Drogensucht, Arbeits- und Hoffnungslosigkeit, Rassismus, Faschismus und Gewalt. Oft sieht man das schon beim ersten Kennenlernen, also am Hauptbahnhof. Aber mal ehrlich: in welcher Stadt ist das anders? Auch wenn man mir nachsagt ich sei besonders grau hab ich in Wahrheit viele Bäume. Man muss genau hinsehen wenn man mich mögen will, denn in vielen Ecken habe ich viel zu bieten. Die Menschen die hier wohnen beweisen das: man passt auf mich und aufeinander auf. Es gibt überall Leute die versuchen das Leben in Dortmund für einander schön zu machen. Durch Kunst und Kultur, Konzerte und Theater, durch gemeinsames Kochen mit Fremden zu Hause oder durch kochen für Fremde in kleinen Restaurants und Kneipen. Durch Vereine, durch Demos, durch gemeinsame Besuche beim Amt, manchmal auch nur durch Aufkleber. Ich bin ein echtes Zuhause für, und um hier zu Hause zu sein, muss man sich nicht verbiegen und verstellen: ich will Menschen so wie sie sind. Man muss es allerdings ehrlich meinen mit mir, darf sich nicht verstellen, und muss bereit sein ein bisschen was zu investieren: ich bin keine Stadt für einen Tag. Besuchern zeige ich meine graue Seite. Die schöne Seite muss man sich erarbeiten.
Bilder
Mich, Dortmund, muss man gesehen haben!
Nicht schön, aber herzlich
Ich – Dortmund
bin zunächst eine ganz normale Großstadt – nicht schön, aber herzlich. Was bei uns zählt ist die Offenheit, die Freundlichkeit, die Direktheit.
Für mich war Dortmund über viele Jahre der Ort meiner Arbeit, der Ort, an dem ich für die Ev. Kirche gearbeitet habe. Darum sind meine ersten Bilder, Bilder von der Reinoldikirche. Hier habe ich gepredigt und Gottesdienste gehalten.
Aber natürlich ist Dortmund mehr, als nur evangelische Kirche. Zu Dortmund gehört der BVB – wahrscheinlich für sehr viele das Wichtigste überhaupt.
Dazu die Currywurst.
Dortmund ist mehr. Dortmund ist eine lebendige Stadt mit Menschen aus vielen Ländern und mit vielen Sprache- Multikulti – wie wir zu sagen pflegten. Bunt ist sie dadurch, weltoffen und freundlich. Das macht mir Dortmund so sympathisch.
Das Ankommen in unserer Stadt ist manchmal sehr schwer. Es gibt ein Gebäude an dem sich das fest macht, das schwere Ankommen, das auch Ängste auslöst, in dem sich Hoffnungen zerschlagen. In dem sich Wege verstellen – die Ausländerbehörde – zumindest erleben das viele so.
Dennoch sind wir lebendig, offen, freundlich, bunt – und das ist gut. Darum Dortmund.
Und das alles und viel mehr entdecke ich weitgehend mit dem Fahrrad.
Das Stück „Ich, Europa“ ist weiterhin im Theater Dortmund zu sehen. Termine sind
SO, 20. JANUAR 2019
MI, 27. FEBRUAR 2019
FR, 15. MÄRZ 2019
MI, 10. APRIL 2019
Weitere Details kann man hier nachlesen.