Eine gute Nachricht aus dem Dortmunder Stadtrat.
Im Dortmunder Stadtrat standen am Donnerstag (1. Juni) gleich zwei Anträge auf der Tagesordnung, die sich für einen Stopp von Abschiebungen nach Afghanistan aus Dortmund einsetzen.
Unterstützer afghanischer Flüchtlinge haben vor der Ratssitzung auf dem Friedensplatz demonstriert. Beide Anträge für einen Abschiebestopp erhielten am Ende der hitzigen Debatte eine Mehrheit der Ratsstimmen. Damit werden sich nun die städtischen Gremien weiter mit den Forderungen befassen. Oberbürgermeister Ullrich Sierau kündigte an, dass es dazu zu gegebener Zeit eine Berichterstattung aus der Verwaltung geben werde.“ (Dortmund24)
Da mir nicht bekannt ist, welcher Antrag, oder ob beide Anträge, schließlich zur Abstimmung standen, gebe ich beide Anträge an Sie und Euch weiter.
Fraktion Bündnis 90/ DIE GRÜNEN
- Der Rat der Stadt Dortmund fordert die Bundesregierung vor dem Hintergrund der verschlechterten Sicherheitslage in Afghanistan auf, Abschiebungen dorthin auszusetzen.
- Der Rat fordert die Landesregierung NRW auf, einen dreimonatigen Abschiebestopp nach Afghanistan zu erlassen.
- Der Rat fordert die Verwaltung auf, im Rahmen sorgfältiger Einzelfallprüfungen die aufenthaltsrechtlichen Möglichkeiten für eine Bleibemöglichkeit von Betroffenen auszuschöpfen und humanitäre Aspekte zu würdigen.
Begründung: In NRW waren Ende Januar etwa 1.900 afghanische Staatsangehörige ausreisepflichtig. Laut Homepage der Stadt leben in Dortmund über 700 Menschen aus Afghanistan.
Abschiebungen nach Afghanistan sind menschenrechtlich nicht zu vertreten.
Der Bericht des UNHCR zeigt, dass sich die Sicherheitslage seit April 2016 nochmal deutlich verschlechtert hat. Das gesamte Staatsgebiet Afghanistans ist danach von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt betroffen. Der aktuelle Bericht der United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) dokumentiert seit dem Beginn der jährlichen Berichterstattung für 2016 die höchsten Zahlen von zivilen Opfern und von Kindern unter den Opfern. Fast täglich finden (Selbstmord-) Attentate auf Märkten, öffentlichen Plätzen u.a. statt, die ein friedliches und normales Leben unmöglich machen. Auf Grundlage dieser aktuellen Erkenntnisse ist die Sicherheitslage in Afghanistan so kritisch, dass keine Abschiebungen stattfinden dürfen.
Die Bundesregierung ist aufgefordert, vor diesem Hintergrund das Rückführungsabkom-men mit der Islamischen Republik Afghanistan auszusetzen und von Abschiebungen abzusehen. So fordern es auch zahlreiche Menschenrechtsorganisationen und Flüchtlingsinitiativen. Leider bleibt die Bundesregierung hier bisher untätig.
Nach Paragraph 60a Absatz 1 Aufenthaltsgesetz kann das Land „aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird.“
Sollte der Bund auch weiterhin nicht reagieren, muss NRW als Bundesland diese Möglichkeit nutzen und Abschiebungen nach Afghanistan aussetzen.
Sollten in Dortmund lebende afghanische Staatsangehörige von einer Abschiebung be-droht sein, ist auch die Verwaltung aufgefordert, die vorhandenen aufenthaltsrechtlichen Möglichkeiten im Sinne der Betroffenen zu nutzen.
Antrag DIE LINKE & PIRATEN
1.1) Der Rat nimmt zur Kenntnis, dass der letzte Afghanistan-Bericht des hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen feststellt, dass „das gesamte Staatsgebiet Afghanistans von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt im Sinne des Art. 15c der EU-Qualifizierungsrichtlinie betroffen ist“.
1.2) Der Rat nimmt zur Kenntnis, dass der afghanische Staat nur 258 von 407 Bezirken in Afghanistan kontrolliert. 33 Bezirke stehen unter aufständischer Kontrolle oder Einfluss und 116 Bezirke sind umkämpft (Quelle: Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (SIGAR) der US-Regierung)
1.3) Der Rat der Stadt Dortmund nimmt daher zur Kenntnis, dass in Afghanistan Bürgerkrieg zwischen der offiziellen pro-westlichen Regierung und den sogenannten Neo-Taliban herrscht. Beispielhaft sei die Eroberung der Stadt Sangin Ende März 2017 durch die Neo-Taliban genannt. Am 22. April 2017 eroberten die Neo-Taliban zudem zeitweise eine Basis der afghanischen Armee nahe der Stadt Masar-i-Scharif, auf der normalerweise viele deutsche Soldaten im Ausbildungseinsatz stationiert sind. Dabei wurden rund 140 afghanische Soldaten getötet und mehr als 160 verwundet.
2) Der Rat der Stadt stellt fest, dass aufgrund der schwierigen Sicherheitslage die Bundesländer Schleswig-Holstein, Berlin, Bremen, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz Abschiebungen nach Afghanistan zurückgestellt haben.
3) Der Rat der Stadt Dortmund bittet daher die Verwaltung der Stadt Dortmund alle Möglichkeiten zu nutzen, Abschiebungen nach Afghanistan nicht zu vollziehen. Er fordert die neue Landesregierung in NRW unabhängig von der politischen Farbenlehre auf, den Beispielen anderer Bundesländer zu folgen und Abschiebungen nach Afghanistan auszusetzen, bis sich die Sicherheitslage soweit verbessert hat, dass die Abgeschobenen nicht gefährdet sind in Folge der Abschiebung Gesundheit und Leben zu verlieren.